Warum „Künstliche Intelligenz“ jetzt den Wettbewerb verändern wird
Was ist aktuell neu beim Einsatz von künstlicher Intelligenz?
Sinan Tankaz: Der Einsatz von KI in der Wirtschaft war bisher von analysierenden Anwendungen geprägt. Eine Generation mit ganz neuen Fähigkeiten wird jetzt die Einsatzmöglichkeiten enorm erweitern – die so genannten generativen KI-Modelle. Eines der bekanntesten Beispiele ist der „Generative Pre-trained Transformer”, vielen bekannt als Chat GPT von OpenAI. Generative KI-Algorithmen nutzen vorhandene Daten – Videos, Bilder oder sogar Computercode – und erstellen daraus neue Inhalte. Dieses kreative Element unterscheidet sich von der reinen Analysefunktion.
Was bedeutet das konkret für die Unternehmen?
Sinan Tankaz: Für Unternehmen ist jetzt ein wichtiger Zeitpunkt gekommen, über den Einsatz von KI zu entscheiden. Der Grund: Richtig eingesetzt sind die neuen Anwendungen der Business-KI ein Hebel, der die Wettbewerbsfähigkeit grundlegend verbessert. So gelingt es zupackenden Firmen, mit generativer KI sehr starke Marktvorteile zu entwickeln und die zu lange zögernden Wettbewerber hinter sich zu lassen. CANCOM Austria setzt bereits seit 6 Jahren KI für ihre Kunden in produktiven Umgebungen ein und sorgt unter anderem dafür, dass der Output durch Vorbeugung von Outsourcing aufrechterhalten bleibt.
Wie sieht das in der Praxis aus?
Sinan Tankaz: Die Call-Center im Kundenservice erfordern in allen Branchen einen enormen Kosten- und Personaleinsatz. Wir haben ein AI-basiertes Assistenzsystem zur Kundenbetreuung entwickelt, das im ersten Schritt alle repetitiven Arbeiten automatisiert. Im zweiten Schritt folgt ein Qualitätssprung, der über den klassischen KI-Einsatz weit hinausgeht: Der sogenannte AI-basierte Recommender erkennt und meldet eigenständig den idealen Zeitpunkt der Kundenansprache, den bevorzugten Kommunikationskanal und welches Angebot am sinnvollsten ist. Bei Anfragen im Self-Service-Portal unterstützt das System bei der Produktauswahl. Damit erreichen die Betreiber eine schnelle und zielgenaue Serviceleistung, die das klassischen Call-Center-Erlebnis in den Schatten stellt. Das von Standardanfragen entlastete Call-Center-Team kümmert sich jetzt mit dem erforderlichen Zeitaufwand um die schwierigen Beratungen. Eine solche KI-Strategie ist beispielsweise für traditionell geprägte Unternehmen wie Banken und Versicherungen besonders wichtig. So gelingt es spezielle Zielgruppen wie „Digital Natives“ oder die im Zuge der Demografie stark ansteigende Zahl älterer Menschen passgenau zu erreichen. Ein Anbieter wie Amazon hat in den letzten Jahren demonstriert, welche Dynamik ein ausdifferenziertes Qualitätsniveau im Kundenservice für die Wettbewerbsposition eines Unternehmens bedeuten kann. Bei der Implementierung von KI setzt CANCOM Austria auf den Einsatz der Grafen-Technologie. Ähnliche Profile mit ähnlichem Verhalten werden zusammengeführt, also dynamische Daten generiert und Profile gebildet.
Wie lässt sich dieser KI-Hebel in der Industrie ansetzen?
Sinan Tankaz: Wir setzen im verarbeitenden Gewerbe Machine Learning ein. Auch hier gelingt es mit Qualitätssprüngen, die Marktposition der Kunden zu stärken. Dazu ein Beispiel: Für einen Hersteller von großen Industrie-Transportsäcken – so genannte „Big Bags“ – entwickelten die Experten von CANCOM Austria eine maßgeschneiderte Business-KI: Ziel war, für die Kunden das ehrgeizige Leistungsversprechen sicherzustellen, dass die „Big Bags“ dieses Unternehmens selbst bei maximaler Beanspruchung 100 Prozent zuverlässig halten. Das ist deshalb wichtig, weil die Inhalte der Waren in solchen Transportsäcken den Wert der Tragetaschen meist um das Tausendfache übersteigen. Die neue KI-Anwendung arbeitet heute beim Hersteller sehr erfolgreich in der Produktionsüberwachung. Eine ausgefeilte Sensorik liefert lückenlose Daten, die mit künstlicher Intelligenz ausgewertet werden. Die Algorithmen lernen, kleinste Abweichungen bei der Produktqualität zu entdecken und spielen dabei die Stärke von Maschinen aus, an 7 Tagen in der Woche 24 Stunden lang unermüdlich zu kontrollieren. Ergebnis: Der Hersteller konnte sein Leistungsversprechen halten und damit die Preise für die neue Produktlinie der Null-Fehler-Big-Bags deutlich anheben – der Verdienst je Stück beträgt heute ungefähr das Vierfache.
KI arbeitet häufig mit sensiblen Daten – wie sind hier die Erfahrungen?
Sinan Tankaz: Wir arbeiten mit unseren KI-Anwendungen beispielsweise daran, Ärzten mit computerunterstützten Abläufen den Alltag zu erleichtern. Um die Qualität bei der Entwicklung von KI in diesem sensiblen Bereich mit Patientendaten gewährleisten zu können, arbeitet CANCOM Austria lokal mit Universitäten und Instituten zusammen. Der Benefit von KI-Anwendungen in der Medizin ist ebenfalls außerordentlich groß: Unsere KI-Engine durchforstet beispielsweise Arztbriefe und Verordnungen und sammelt daraus selbstständig Daten. Auf dieser Basis liefert die Anwendung Hinweise zu Medikationen, Wirkstoffen und Krankheitsverläufen. So können nicht nur Medikamente optimal eingesetzt, sondern auch Wechselwirkungen vermieden werden. Die Ärzte werden genau in jenen Bereichen entlastet, die die Maschine schneller und zuverlässiger kann als sie. Unverzichtbar ist selbstverständlich, dass die Datenverarbeitung sensibler Kundendaten in den AI-basierten Anwendungen abgesichert wird.
Stichwort Absicherung: Worauf sollte bei KI-Systemen immer geachtet werden?
Sinan Tankaz: Die Anwendung von KI-Modellen basiert auf Vertrauen. Da KI-Systeme mit neuronalen Netzen und komplexen Entscheidungsbäumen arbeiten, ist es aber schwieriger als bei klassischer Software die Entscheidungen nachzuvollziehen – das sogenannte Black-Box-Problem. Im geschäftlichen Umgang mit sensiblen Daten ist Transparenz jedoch zwingend geboten. CANCOM Austria setzt daher strikt auf vertrauenswürdige, offene und erklärbare KI-Modelle. Mit diesen „explainable KI Standards“ wird die Entscheidungstransparenz definiert, also die Frage „Wie wird entschieden, ob Ergebnisse richtig oder falsch sind?“ sowie der Abgleich von gleichen Fragen in Feedbackschleifen durchgeführt. Damit folgen wir einem zentralen Motiv des Artificial Intelligence Act (AI Act) der Europäischen Union, mit dem weltweit erstmals KI in allen Lebensbereichen reguliert werden soll.
Wie sieht die Zukunft aus?
Sinan Tankaz: Die generativen KI-Modelle werden dabei helfen, die wichtigsten aktuellen Herausforderungen der Unternehmen zu bewältigen. Für den Erfolg in der Praxis geht es immer darum, die Arbeitsteilung zwischen Mensch und Maschine bestmöglich zu organisieren. Der Grund: Was Menschen besonders leicht fällt, ist für AI-Systeme schwierig und umgekehrt. Software kann beispielsweise unermüdlich zigtausende Daten durchforsten und miteinander abgleichen – eine Arbeit, die Menschen schnell ermüdet. Wenn es aber darum geht, einem Menschen genau zuzuhören und die Feinheiten empathisch zu erfassen, kann die Maschine nicht mithalten. Die Kombination von Mensch und Maschine ist deshalb das Erfolgsmodell.
Was ist Ihr Fazit?
Sinan Tankaz: Unternehmen sollten jetzt die Chance nutzen, die neuen Möglichkeiten der Business-KI für sich nutzbar zu machen. Die Automation mit analytischer KI ist dabei immer ein vielversprechender Einstieg, um Kosten zu sparen, die Beschäftigten zu entlasten und das Qualitätsniveau zu heben. Generative KI-Algorithmen können aber noch viel mehr. Meine Empfehlung an die Chefetagen: Profitieren Sie von unseren Erfahrungen aus der Praxis und stellen Sie fest, dass künstliche Intelligenz handfeste Wettbewerbsvorteile liefert.